„Der Containerschifffahrt geht es so gut wie seit Jahren nicht mehr“
Exklusives Interview zur aktuellen Situation in der Containerschifffahrt mit Torben Kölln, Geschäftsführer der Reederei Leonhardt & Blumberg, die im Jahr 2017 ihre Aktivitäten mit Buss Shipping zusammengelegt hat.
Lieber Herr Kölln, vielen Dank, dass Sie uns für ein Interview zur Verfügung stehen. Das letzte Jahr war ein bewegtes Jahr und die Welt war im Bann des Coronavirus. Wir würden gern mit Ihnen einen Blick auf die Containerschifffahrtsmärkte werfen
Die Weltwirtschaft ist im letzten Jahr eingebrochen, die deutsche Volkswirtschaft um fünf Prozent geschrumpft. Wie war 2020 bei Leonhardt & Blumberg?
Das Jahr war eine Achterbahnfahrt. Im ersten Quartal wurde die Schifffahrt zuerst von der Pandemie getroffen. Das Frachtvolumen ging deutlich runter, und einige unserer Schiffe bekamen keine Anschlusscharter. Das Blatt hat sich dann aber sehr schnell gedreht. Asien hat die Pandemie sehr zügig in den Griff bekommen. Der Markt zog an, und wir konnten schnell davon profitieren. Ab Mai stieg das Frachtvolumen signifikant an. Im dritten Quartal konnten wir einen weiteren Schub verzeichnen. Alle unsere Schiffe sind in Dienst, wir können hohe Charterratenabschlüsse melden.
Was war der Grund für dieses außergewöhnliche Jahr?
Eindeutig die Pandemie. Sie ließ im Frühjahr die Nachfrage nach Transporten zusammenbrechen und erzeugte dann im Spätsommer eine erhöhte Nachfrage. Der Konsum von Dienstleistungen wie z.B. Reisen und Kultur wurde und wird noch immer massiv eingeschränkt. Bereits im Sommer konnten wir erkennen, dass viel mehr Outdoor-Equipment, Gartenmöbel, Home-Office-Utensilien und auch Küchengeräte verschifft wurden.
Gibt es also keine Schifffahrtskrise mehr?
Lassen Sie mich kurz ausholen. Das Wort „Schifffahrtskrise“ stammt aus der Vergangenheit und lag daran, dass wir ein Überangebot an Schiffen im Markt hatten – und gleichzeitig im Jahr 2009 der Welthandel einbrach und damit das Transportvolumen. Aus dieser Situation sind wir raus. Und das war auch völlig unabhängig von der Pandemie absehbar.
In der Containerschifffahrt haben sich über die letzten Jahre drei große Allianzen gebildet. Sie blicken verstärkt auf Rentabilität und weniger auf Marktanteile. Gleichzeitig hat es über mehrere Jahre eine Zurückhaltung bei der Bestellung neuer Schiffe gegeben. Das Auftragsbuch bei den Werften ist im Verhältnis zur fahrendenden Flotte so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr (...)